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Interview: Die portugiesische Vereinigung zur Unterstützung von Opfern

Kurz vor dem Europäischen Gedenktag für die Opfer des Terrorismus sprachen wir mit einem Vertreter eines der führenden Verbände in diesem Bereich, der portugiesischen Vereinigung zur Unterstützung von Opfern (APAV). Wir stellten Bruno Brito, der auch an der Veranstaltung in Paris teilnehmen wird, zehn Fragen zur Arbeit von APAV und dazu, wie die Vereinigung diesen Gedenktag begehen wird.

  • Was macht APAV?

    APAV feiert dieses Jahr sein dreißigjähriges Bestehen. Die Vereinigung wurde gegründet, um die Gesellschaft für die Rechte der Opfer von Gewalttaten in Portugal zu sensibilisieren und unterstützende Strukturen für diese Personen aufzubauen. In den vergangenen drei Jahrzehnten war APAV sehr aktiv und hat zum Aufbau einer fairen, demokratischen Gesellschaft in Portugal beigetragen.

  • Wie unterstützt APAV die Opfer?

    APAV unterstützt Opfer durch kostenlose, vertrauliche Dienstleistungen, abhängig von den speziellen Bedürfnissen der Opfer, ihrer Familien und Freunde. Wir geben hauptsächlich Informationen und helfen den Betroffenen im Umgang mit dem Justizsystem, durch psychologische Unterstützung, Rechtsberatung und soziale Dienste.

  • Um welche Art von Opfern kümmert sich APAV?

    Bei den Opfern von Terrorismus, die wir unterstützen, handelt es sich hauptsächlich um Verwandte portugiesischer Opfer, die außerhalb Portugals leben. Glücklicherweise gab es in Lissabon oder anderen portugiesischen Städten keine größeren Terroranschläge wie in anderen Orten Europas.

  • Wodurch zeichnet sich ein Opfer aus?

    Laut unserer Definition sind alle Personen, die direkt oder indirekt von einem Terroranschlag betroffen sind, Opfer. Dazu gehören Personen, die vor Ort waren – ob verletzt oder nicht –, Familienangehörige und Freunde, aber auch Menschen, die aus beruflichen Gründen an Ermittlungsverfahren oder Hilfseinsätzen beteiligt waren. Außerdem zählen auch alle Personen dazu, die sich in irgendeiner Weise von dem Ereignis betroffen fühlen.

  • Wie arbeitet APAV mit Opfern zusammen, um diesen beizustehen?

    Wir versuchen, den Opfern wo immer möglich persönlich zu helfen. Wenn dies nicht geht, nutzen wir Video- oder Telefonkonferenzen, um die Opfer an ihrem jeweiligen Aufenthaltsort zu unterstützen. Außerdem haben wir zahlreiche Informationen für Opfer von Terrorismus bzw. praktisch Tätige zusammengestellt, die mit Opfern arbeiten. Diese stehen als gedruckte Broschüren und auf den Microsites von APAV zu diesem Thema zur Verfügung.

  • Warum ist der Europäische Gedenktag für die Opfer des Terrorismus so wichtig?

    Das hat etwas mit Erinnerung zu tun. Es ist von höchster Bedeutung, dass die Opfer des Terrorismus nicht vergessen werden. Das ist wichtig für die Opfer, denn dadurch werden ihre Erlebnisse sowie die ihrer Freunde und Familienangehörigen anerkannt. Dies ist Teil ihres Heilungsprozesses. Außerdem verleiht es den Terroranschlägen ein menschliches Gesicht. Ein großes Problem im Zusammenhang mit Radikalisierung und Hetze ist, dass diese die Gesellschaft spalten und Gruppen oder Gemeinschaften gegeneinander aufbringen. So entsteht ein Gefühl von „wir gegen sie“. Es ist einfacher, Hass gegenüber einer ganzen Gruppe oder Gemeinschaft zu empfinden, denn wenn ein Mitglied böse ist, lässt sich dies leicht auf alle anderen übertragen. Der Europäische Gedenktag für die Opfer des Terrorismus gibt diesen Gelegenheit, in der Öffentlichkeit über ihre Geschichte zu sprechen.

  • Welche Aktivitäten verfolgt APAV rund um den Gedenktag?

    Der jährliche Gedenktag gibt uns die Gelegenheit, unsere verschiedenen Initiativen zur Unterstützung von Opfern, wie Seminare und Workshops, vorzustellen. Wir nutzen den Gedenktag als Aufhänger, um Informationen auf den Social-Media-Plattformen zu veröffentlichen und unsere Arbeit über die Medien zu präsentieren. Dieses Jahr arbeitet APAV stärker mit der Polizei und den Strafverfolgungsbehörden zusammen, z. B. bei Seminaren oder Konferenzen, die am Gedenktag selbst stattfinden.

  • Spielen Opfer bei der Prävention von Radikalisierung eine Rolle?

    Aber ja, sie haben großen Einfluss. Berichte ihrer Erlebnisse berühren die Zuhörer oft sehr und vermitteln ihnen, welche Auswirkungen terroristische Handlungen wirklich auf die Betroffenen, ihre Freunde und Familien, aber auch auf die Gemeinschaft als Ganzes haben, zum Beispiel die Zunahme von Hetze im Zusammenhang mit Terroranschlägen.

  • Wie können Opfer am besten für die Prävention und Bekämpfung von Radikalisierung eingesetzt werden?

    Opfer können auf verschiedene Art und Weise eingebunden werden. Sie können ihre Erfahrungen mit jungen Menschen, anfälligen Personen und Gemeinschaften teilen, sich gegenseitig in Selbsthilfegruppen unterstützen oder Opferverbände gründen. Diese Verbände können viel für die Prävention und Bekämpfung von Radikalisierung tun, da sie zum einen eng mit einer größeren Gruppe von Opfern verbunden sind, zum anderen manchmal aber auch engeren Kontakt zu den TäterInnen haben. Dank dieses Zugangs und ihrer Glaubwürdigkeit sind ihre Entradikalisierungs- oder Ausstiegsprogramme häufig effektiver als die der Behörden.

  • Welches Fazit können Sie für die Unterstützung von Opfern des Terrorismus ziehen?

    Die Arbeit ist sehr befriedigend, aber auch ziemlich komplex und anspruchsvoll. Mein wichtigstes Fazit ist, dass praktisch Tätige, die Opfer unterstützen, für die anfallenden Aufgaben sehr gut ausgebildet sein sollten. Die Angebote für Opfer von Terrorismus sollten sehr gut organisiert sein, damit diese umfassend unterstützt werden. Außerdem ist es wichtig, die Radikalisierungsprozesse, die kulturellen Auswirkungen, den Ablauf von Ermittlungsverfahren, die Funktionsweise des Justizsystems, internationale Stellen wie die europäischen Netzwerke für Informationsweiterleitung und Unterstützung, die Auswirkungen auf die psychische Gesundheit sowie die sozialen Folgen für die Opfer von Terrorismus zu kennen.

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