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Die Rolle der Opfer bei der Prävention von Radikalisierung

Es ist wichtig, den Opfern des Terrorismus Respekt zu zollen und uns die Auswirkungen terroristischer Handlungen auf Einzelne, Familien und Gemeinschaften bewusst zu machen. Gleichzeitig sollten wir aber die konstruktive und positive Rolle von Opfern bei der Prävention von Radikalisierung und zukünftigen terroristischen Handlungen nicht außer Acht lassen.

Menschen, die selbst Zeugen der brutalen Vorgehensweise gewaltbereiter ExtremistInnen geworden sind, leisten hervorragende Arbeit in Schulen, Gefängnissen und anderen Einrichtungen, um Resilienz gegen den Terrorismus aufzubauen. Sie haben eine praktisch unerschütterliche Glaubwürdigkeit und Authentizität.

In Großbritannien spricht der Bruder eines Mannes, der von IS-Kämpfern hingerichtet wurde – das Video wurde zu Propagandazwecken auf YouTube gestellt – ruhig und bestimmt vor SchülerInnen und in Gemeindezentren. Er möchte Brücken zwischen Gemeinschaften bauen und spricht über die Bedeutung von Dialogen und Verständnis. Es ist seine Lebensaufgabe und für ihn die Möglichkeit, das Geschehene zu verarbeiten.

In Finnland berichtet ein junger Geschäftsmann mit nordafrikanischen Wurzeln darüber, wie er einen Terroristen daran hinderte, auf einem Platz in Turku eine wehrlose Frau niederzustechen. Er verfolgte den Angreifer mutig, obwohl dieser ihn ebenfalls bedrohte und an der Schulter verletzte. Er erlebt das Geschehene wieder und wieder und versucht zu verstehen, wie dieser Jugendliche zum Terroristen wurde.

Dies sind nicht nur Geschichten. Und die Berichte sollen nicht einfach nur schockieren. Sie versetzen die Zuhörer – einzelne oder Gruppen – in eine bestimmte Situation und stellen grundlegende Fragen zum Wesen des Terrorismus in seiner reinsten Form. Ob sich dadurch jemand, der bereits dabei ist, sich zu radikalisieren, aufhalten lässt, ist natürlich fraglich. Aber so lassen sich zumindest Zweifel streuen und die Resilienz der Gemeinschaft stärken.

Die Opfer sollen nicht einfach zur Schau gestellt werden. Wie man an sie herantritt und mit ihnen umgeht, erfordert ein hohes Maß an Sensibilität sowie eine zugrunde liegende Strategie. Menschen, die bereits Opfer von Terrorismus geworden sind, darf kein weiterer Schaden zugefügt werden, und ihre Berichte müssen an der richtigen Stelle Gehör finden.

Wenn sich jemand nicht länger für die Prävention bzw. Bekämpfung des gewaltbereiten Extremismus engagieren möchte, muss dieser Wunsch respektiert werden. Vielleicht hat die betreffende Person das Gefühl, alles gesagt zu haben, und möchte nun einfach ihr Leben weiterleben. Den Opfern muss es gestattet sein, ihre Opferrolle hinter sich zu lassen.

Einer Welt, in der ständig terroristische Anschläge drohen, können die Opfer eine Botschaft der Hoffnung, Stärke und Einheit vermitteln. Dies gilt insbesondere am Gedenktag, der dieses Jahr unter dem Motto „Gemeinsam stärker werden“ steht. Wie wir als Reaktion auf Terroranschläge durch den Islamischen Staat und andere Gruppen gesehen haben, sind wir Menschen zu großem Mitgefühl fähig. Wir nehmen an Gedenkstunden teil und versammeln uns in der Öffentlichkeit, um dem Hass entgegenzutreten.

Außerdem möchten wir die Berichte der direkt Betroffenen hören. Sie können uns immer wieder daran erinnern, welch schlimme Konsequenzen der Terrorismus hat, denn die Erinnerung an diese schrecklichen Vorfälle und ihre Auswirkungen verschwindet sonst unweigerlich aus dem öffentlichen Bewusstsein.

Verfasst von der Arbeitsgruppe für das Gedenken an Opfer terroristischer Gewalttaten